auch das ist eine… alt ist die nicht zum beispiel wie gesagt

qualm am fenster auf

dem kleinen tisch
die schreibmaschine
voll elektrisierter plattenbau
aschenbecher sehr voll sehr

vollklischee 'zigarre' ist gestrichen
oder kein wasser mehr im falschen
whiskyglas
papier papier papier papier papier noch

gegenüber in der wand
die bildbeschreibung stur im
buchstab stur in preußisch blau und:

leider doch zurückgeblickt da sitzt
schon wieder einer in funktion
seiner maschine

ruft wie alle anderen: "Ich steche eine Wolke"

Ethel Merman an der Schreibmaschine *
[…]
Was die Kultur der Dinge zu einer so überlegnen Macht gegenüber der Einzelpersonen werden läßt, das ist die Einheit und autonome Geschlossenheit, zu der jene in der Neuzeit aufgewachsen ist. Die Produktion, mit ihrer Technik und ihren Ergebnissen, erscheint wie ein Kosmos mit festen, sozusagen logischen Bestimmtheiten und Entwicklungen, der dem Individuum gegenübersteht, wie das Schicksal es der Unstätheit und Unregelmäßigkeit unseres Willens thut. Dieses formale Sich-selbst-gehören, dieser innere Zwang, der die Kulturinhalte zu einem Gegenbild des Naturzusammenhanges einigt, wird erst durch das Geld wirklich: das Geld funktioniert einerseits als das Gelenk-System dieses Organismus; es macht seine Elemente gegeneinander verschiebbar, stellt ein Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit und Fortsetzbarkeit aller Impulse zwischen ihnen her. Es ist andrerseits dem Blut zu vergleichen, dessen kontinuierliche Strömung alle Verästelungen der Glieder durchdringt, und, alle gleichmäßig ernährend, die Einheit ihrer Funktionen trägt. Und was das zweite betrifft: so ermöglicht das Geld, indem es zwischen den Menschen und die Dinge tritt, jenem eine sozusagen abstrakte Existenz, ein Freisein von unmittelbaren Rücksichten auf die Dinge und von unmittelbarer Beziehung zu ihnen, ohne das es zu gewissen Entwicklungschancen unserer Innerlichkeit nicht käme; wenn der moderne Mensch unter günstigen Umständen eine Reserve des Subjektiven, eine Heimlichkeit und Abgeschlossenheit des persönlichsten Seins erringt, die etwas von dem religiösen Lebensstil früherer Zeiten ersetzt, so wird das dadurch bedingt, daß das Geld uns in immer steigendem Maß die unmittelbaren Berührungen mit den Dingen erspart, während es uns doch zugleich ihre Beherrschung und die Auswahl des uns Zusagenden unendlich erleichtert.
Und deshalb mögen diese Gegenrichtungen, da sie nun einmal eingeschlagen sind, auch einem Ideal absolut reinlicher Scheidung zustreben: in dem aller Sachgehalt des Lebens immer sachlicher und unpersönlicher wird, damit der nicht zu verdinglichende Rest desselben um so persönlicher, ein um so unbestreitbareres Eigen des Ich werde.
Ein bezeichnender Einzelfall dieser Bewegung ist die Schreibmaschine; das Schreiben, ein äußerlich-sachliches Thun, das doch in jedem Fall eine charakteristisch-individuelle Form trägt, wirft diese letztere nun zu gunsten mechanischer Gleichförmigkeit ab. Damit ist aber nach der anderen Seite hin das Doppelte erreicht: einmal wirkt nun das Geschriebne seinem reinen Inhalte nach, ohne aus seiner Anschaulichkeit Unterstützung oder Störung zu ziehen, und dann entfällt der Verrat des Persönlichsten, den die Handschrift so oft begeht und zwar vermöge der äußerlichsten und gleichgültigsten Mitteilungen nicht weniger als bei den intimsten. So sozialisierend also auch alle derartigen Mechanisierungen wirken, so steigern sie doch das verbleibende Privateigentum des geistigen Ich zu um so eifersüchtigerer Ausschließlichkeit. Freilich ist diese Vertreibung der subjektiven Seelenhaftigkeit aus allem Äußerlichen dem ästhetischen Lebensideal ebenso feindlich, wie sie dem der reinen Innerlichkeit günstig sein kann — eine Kombination, die ebenso die Verzweiflung rein ästhetisch gestimmter Persönlichkeiten an der Gegenwart erklärt, wie die leise Spannung, die zwischen derartigen Seelen und solchen, die nur auf das innere Heil gerichtet sind, jetzt in gleichsam unterirdischeren Formen — ganz anderen als zur Zeit Savonarolas — aufwächst. Indem das Geld ebenso Symbol wie Ursache der Vergleichgültigung und Veräußerlichung alles dessen ist, was sich überhaupt vergleichgültigen und veräußerlichen läßt, wird es doch auch zum Thorhüter des Innerlichsten, das sich nun in eigensten Grenzen ausbauen kann.
[…]
(Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, Seiten 503 - 505)



[…]
Warum hast du dich für eine Schreibmaschine und nicht beispielsweise für einen Computer entschieden?

Simon Krenn: Im Prinzip könnte ich die Schreibmaschine auch durch einen Computer ersetzen, da es sich bei beiden um Werkzeuge zur Archivierung und Konservierung von Informationen handelt. Schlussendlich hat mir die mechanische Schreibmaschine im konzeptuellen Zusammenhang etwas besser gefallen. Schleichende, beinahe unsichtbare Veränderungen auf den Petrischalen werden in laute mechanische Aktionen übersetzt.

Wie sind die Mikroorganismen mit der Schreibmaschine verbunden? Wie funktioniert deine Arbeit aus technischer Sicht?

Simon Krenn: Die Schreibmaschine ist über einen Arduino-Mikrocontroller mit den beiden Petrischalen verbunden. Die mit den Händen inokulierten Nährmedien resultieren nach etwa dreitägiger Inkubation im Hitzeschrank in unterschiedlich von Mikroorganismen bewachsenen Nährböden. Die daraus entstehenden Bakterien- und Pilzkulturen werden mithilfe von einer unter der Platte befestigten Kamera aufgezeichnet und in Echtzeit prozessiert. Die individuellen Wachstumsmorphologien der Kolonien führen dabei zur algorithmischen Rekombination der Textquellen. Dabei wird jeder prozessierte Buchstabe in eine Zahl übersetzt, die wiederum einem Elektromagnet unter der Schreibmaschine zugeordnet ist, wodurch das jeweilige Buchstabenregister der Schreibmaschine ausgelöst wird. Daraus ergibt sich durch eine endlose Rekombination und Umgestaltung der einzelnen Textfragmente eine visuelle Textkomposition.

(Auf der ars.electronica: Magdalena Sick-Leitner im Gespräch mit Simon Krenn,
https://ars.electronica.art/aeblog/de/2016/06/01/in-vitro-typewriter-welche-informationen-hinterlassen-wir/ )






[…]
Ich betrachte die Schreibmaschine auf dem Tisch. Dieses Betrachten tangiert das Sein der Schreibmaschine nicht im geringsten. Allerdings kann ich die Schreibmaschine als auf dem Tisch stehend sehen oder den Tisch als unter der Schreibmaschine. Ich kann die Rinde des Baumes als grüne Rauheit oder als raue Grünheit betrachten. Ich kann die drei Männer als Einzelwesen ansehen oder zu einer Gruppe zusammenfassen. Ob ich tausend Splitter auf der Erde mit der Vase, die vorhin auf dem Tisch stand, in Verbindung bringe oder nicht: die tausend Splitter sind da. Ob ich die Welt insgesamt als sinnlos oder sinnvoll annehme, ob ich sie als Produkt des Zufalls oder als Geschöpf Gottes ansehe, das Sein der Welt ist, das ist alles.
Mit dem Idealismus teilt Sartre die Ansicht, das Sein des Bewusstseins sei Wahrnehmen des Seins. Er lehnt den Idealismus aber ab, wenn dieser behauptet, das Wahrnehmen sei die Grundlage des Seins. Vielmehr gibt es ein Sein dieses Wahrnehmens, und zwar in dem Sinne, dass das Bewusstsein sich vom Sein anzeigen lässt, dass es Bezug zu diesem Sein ist. Diese Position wird Intentionalität genannt.
[…]
(Dandyk, Alfred, Unaufrichtigkeit, Königshausen & Neumann, 2002, Seite 69)



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* Crop of Image: Ethel Merman NYWTS.jpg, 1953, Source:Library of Congress. New York World-Telegram & Sun Collection. http://hdl.loc.gov/loc.pnp/cph.3c23780, Author: Walter Albertin, World Telegram staff photographer, Permission: PD. "No copyright restriction known. Staff photographer reproduction rights transferred to Library of Congress through Instrument of Gift." [https://www.loc.gov/rr/print/res/076_nyw.html]