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Jn einer Gaunerherberge fand ich einmal spät nachts ein Vagantenpaar in einem elenden Bette mit Lumpen bedeckt liegen; zu den Füßen einen in Lappen gehüllten halbverkommenen Säugling. Neben dem Bett auf dem bloßen Fußboden lagen nebeneinander drei Kinder von 4 - 7 Jahren, mehr nackt als mit Lumpen verhüllt und von der kalten Decemberluft und dem zahlreichen Ungeziefer, selbst im festen Schlafe, stets in convulsivischer Bewegung erhalten. Als Neuling tief erschüttert von dem nicht zu schildernden Anblicke fand ich andern Tags barmherzige Frauen sogleich bereit, die ganze Familie vollständig und warm zu bekleiden. Zwei Tage später wurde die weitergewiesene Familie wieder eingebracht. Die treffliche Kleidung war verkauft und die erstarrten Kinder trugen wieder die alten Lumpen als Handwerksgeräthe zum Fortkommen der ruchlosen Aeltern.
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(Eine Anmerkung aus:
Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, Seite 3)